Wie kann ich Blickkontakt trainieren, wenn mein Hund mich wegen der Leckerchen sowieso anschaut?

Wenn ich mir Leckerlis vorbereite und dann zu meinem Hund komme, weiß er, dass ich Leckerlis habe und schaut mich die ganze Zeit erwartungsvoll an. Wenn ich jetzt die Übung „Schau“ üben möchte, beginne ich ja mit kleinen Schritten, das heißt zuerst sollte er mich doch eigentlich gar nicht anschauen (?) und ich clicke am Anfang, wenn er den Kopf nur minimal bewegt und diese Schritte steigere ich bis der Click erst kommt, wenn er ihren Kopf ganz zu mir dreht und mich anschaut. Aber wenn er mich schon die ganze Zeit anschaut, weil er weiß, dass ich Leckerlis habe, ist das dann nicht schon Bettel-Verhalten? Belohne ich ihn dann nicht dafür, dass er auf das Leckerli wartet? Oder belohne ich ihn wirklich für die Aufmerksamkeit zu mir?

Wenn man so will, könnte man jedes Training mit Leckerchen als Bettel-Verhalten bezeichnen – Betteln auf die unterschiedlichsten Arten.

Sie können mit den Leckerchen nun unterschiedlich verfahren. Entweder halten Sie sie beispielsweise in der Hand und halten diese Hand am ausgestreckten Arm zur Seite. Dann können Sie genau sehen, ob Ihr Hund zu den Leckerchen guckt oder Ihnen ins Gesicht.

Oder aber Sie nutzen das bereits gezeigte Verhalten (erwartungsvolles Anschauen ist ja per se nichts Schlechtes, warum sollten Sie es nur nicht belohnen, weil Sie gerade Leckerchen dabei haben!?), clicken dafür und werfen das Leckerchen jeweils weg, so dass Ihr Hund es holen muss. Dann könnten Sie sich auch einmal etwas wegdrehen, so dass er den Blickkontakt erneut suchen muss.

Oder aber, besonders im Haus, Sie stellen die Leckerchen für den Hund unerreichbar auf ein Regal o. ä., so dass Sie ganz „unbewaffnet“ sind. Nach dem Click erst holen Sie dann jeweils eines.

Kleine Schritte sind prinzipiell schon richtig, aber nur so klein wie nötig, nicht so klein wie möglich. Wenn Ihr Hund Sie spontan anguckt, nutzen Sie das doch!

Übrigens funktioniert es auch hervorragend, wenn man auch tagsüber, beispielsweise auf dem Spaziergang, den Hund für spontan gezeigten Blickkontakt clickt, ohne gleich eine ganze Trainingseinheit daraus zu machen. Man nennt das „Verhalten einfangen“ (Capturing). Vielleicht haben Sie, wie ich, auch immer in irgendeiner Hosentasche noch ein Leckerchen. Natürlich muss man dafür nicht den ganzen Tag mit dem Clicker in der Hand herumlaufen – ein Zungenclick (Schnalzer) für diese spontan eingefangenen Aktionen ist sehr praktisch und wird meiner Erfahrung nach ohne vorheriges spezielles Konditionieren verstanden, wenn der Hund auf den Clicker konditioniert ist.

> wenn er mich schon die ganze Zeit anschaut, weil er weiß, dass ich
> Leckerlies habe, ist das dann nicht schon Bettel-Verhalten? Belohne
> ich ihn dann nicht dafür, dass er auf das Leckerlie wartet? Oder
> belohne ich ihn wirklich für die Aufmerksamkeit zu mir?

S.o. Genau trennen kann man das sicher nicht. Gedanken darum würde ich mir aber erst machen, wenn Ihr Hund Sie sonst nie anguckt. Natürlich lernen Hunde schnell, solche „Vorzeichen“ wie „Leckerchen werden vorbereitet“ entsprechend zu deuten. Sie könnten, um das zu vermeiden, den zeitlichen Zusammenhang entzerren, d. h. Leckerchen vorbereiten und wegstellen; zu einem späteren Zeitpunkt erst die vorbereiteten Leckerchen holen. Oder grundsätzlich immer Leckerchen bei sich tragen, ohne dem Hund ständig welche zu geben, damit der Zusammenhang „Frauchen holt Leckerchen – gleich kriege ich welche“ nicht entsteht. Das wäre ähnlich, als würden Sie gleich morgens nach dem Aufstehen ihre „Hundespaziergeh-Schuhe“ anziehen und den ganzen Tag anbehalten – damit würden sie ihre Vorhersagekraft verlieren.

Clickertraining Teil 1: Blickkontakt